Auf ‘ne Coke mit Nadja Uhl | Coca-Cola DE

Auf ‘ne Coke mit Nadja Uhl | Coca-Cola DE

ALS GEMÜTLICHER ORT für Gespräche sind die Konferenzzimmer im ZDF-Hauptstadtstudio nicht wirklich geeignet. Doch mit ihrer charmant-persönlichen Art gelingt es Nadja Uhl in wenigen Minuten, die unterkühlte Atmosphäre zwischen Funktionsmöbeln und Neon-Deckenlicht zu brechen. Schon bald hat man das Gefühl, mit ihr auf der heimischen Couch zu sitzen…

Der Durchbruch gelang Nadja Uhl im Jahr 2000 in Volker Schlöndorffs „Die Stille nach dem Schuss“. Seitdem spielt sie meist Hauptrollen in aufwendigen TV-Produktionen wie „Der Turm“ oder „Tannbach“– aber auch in Kinohits wie „Der Baader-Meinhof Komplex“ und „Schlussmacher“. Bezüglich ihrer Rollenauswahl packt die gebürtige Stralsunderin, die mit ihrer Familie in einer zum „Mehrgenerationenhaus“ umfunktionierten Potsdamer Villa lebt, auch immer wieder bedrückend-unbequeme Themen an. So zum Beispiel Kinderhandel- und Kinderprostitution in „Operation Zucker“. In ihrem neuen TV-Film Gegen die Angst“ (zu sehen am 25. März im ZDF) geht es um Clan-Kriminalität in Berlin.

 

NADJA UHL in „Gegen die Angst“ (bis 21. Juni in der ZDF-Mediathek) NADJA UHL in „Gegen die Angst“ (bis 21. Juni in der ZDF-Mediathek)

 

Coca-Cola, Coca-Cola light oder Coke Zero Sugar?

 

„Ich bin nicht so der Limonadentyp. Bitte lieber ein stilles Wasser und einen Kaffee.“

 

Nadja, du hast lange in Berlin gelebt. Stimmt es, dass du am Ende des Drehtags in Berlin immer wieder froh warst, ins beschauliche Potsdam zurückkehren, wo du heute mit deiner Familie lebst?

 

„Es ist jetzt nicht so, dass ich Angst vor dem ach so schrecklichen Großstadtmoloch hätte. Aber der Energieverlust, den ich heute in Berlin erlebe, ist mir inzwischen zu hoch.“

 

Welche Dinge meinst du?

 

„Wenn wir später am Abend im Wedding gedreht haben und ich mal etwas weiter vom Filmteam entfernt war, wurde ich ständig angesprochen: Ob ich „Geld wechseln“ möchte oder„irgendwas brauche“. Ich habe erst gar nicht kapiert, dass man mir Drogen verkaufen wollte. Je öfter das passierte, desto genervter war ich. Bitte nicht falsch verstehen: Ich war früher bestimmt keine Heilige, habe mir die Nächte in Clubs um die Ohren geschlagen, aber das war mir jetzt zu viel.“

 

 

Und deshalb reagierst du heute generell sensibler?

 

„Vielleicht lag es auch daran, dass ich durch die Thematik des Films den Fokus mehr auf bestimmte Dinge gerichtet hatte. Vielleicht liegt es auch an der Art der Drogen, die heute konsumiert werden. Auf jeden Fall hatte ich das Gefühl, dass ich auf einer anderen Frequenz unterwegs bin und mir das alles manchmal viel zu schräg war.“

 

Ist Berlin noch rauer und härter geworden?

 

„Das weiß ich nicht. Ich musste einfach feststellen, dass ich dem Puls der Stadt nicht mehr so gut gewachsen bin. Am Ende eines Drehtages war ich auf jeden Fall komplett alle. Ich sage damit aber nicht, dass Berlin nicht mehr meine Stadt ist. Es gibt immer noch wunderschöne Ecken und gerade am anderen Ende von Kreuzberg am Spreeufer, wo die jungen Leute bis spät in die Nacht draußen saßen, war alles so frei und unbeschwert wie früher. Vielleicht habe ich auch deshalb so sensibel reagiert, weil der Drehort Wedding früher mein Kiez war.“

 

Zurück in die City zu ziehen ist für dich demnach keine Option?

 

„Auf keinen Fall! Ich könnte mir inzwischen ja sogar schon vorstellen, auf einer einsamen Insel zu wohnen. Ich bin sehr gerne alleine, sehne mich nach Entschleunigung und hätte gerne mal wieder das Gefühl von Langeweile, einfach nur dasitzen und mir die Umgebung anschauen – so wie in meiner Kindheit.“

 

 

Hast du als Vorbereitung für die Rolle an Gerichtsverhandlungen teilgenommen?

 

„Ja, und was mich schockiert hat, war die bodenlose Respektlosigkeit. Es gab kaum eine Verhandlung, in der irgendein Angeklagter vor Gericht Respekt zeigte. Wenn das in bestimmten Gruppen zur Attitüde gehört, ist das traurig genug. Aber das ging soweit, dass fünf mutmaßliche Vergewaltiger eines zwölfjährigen Mädchens, die am Ende dann auch überführt wurden, immer wieder lachten. Und das, während die Schwester des Opfers im Saal saß und weinte. Trotzdem sind alle Mitarbeiter immer sehr ruhig und sachlich geblieben, was mich tief beeindruckt hat. Mir wären da längst alle Sicherungen durchgebrannt. Diese Sachlichkeit empfinde ich als Stärke und nicht als Schwäche.“

 

 

Könnte diese Sachlichkeit auch helfen, gesellschaftliche Konflikte anzugehen?

 

„Um derartige gesellschaftliche Konflikte konstruktiv anzugehen, sollte man Stigmatisierungen und Schuldzuweisungen überwinden. Sie führen doch fast nur zu Hysterie und Schreierei. Eine kontroverse Diskussion, bei der es trotzdem ruhig und fair bleibt und in der man auch mal die Argumente der Gegenseite zulässt, wäre wichtig. Denn die Wahrheit ist viel komplexer und diffiziler. Im Leben ist nun mal nicht nur alles Gut und Böse, richtig und falsch, schwarz oder weiß. Es gibt viele Grautöne.“

 

STAATSANWÄLTIN Judith Schrader (Nadja Uhl) und Kommissar Jochen Montag (Dirk Borchardt) STAATSANWÄLTIN Judith Schrader (Nadja Uhl) und Kommissar Jochen Montag (Dirk Borchardt)

 

Auf der anderen Seite scheint es, als würde die Diskussion in Deutschland zunehmend hitziger…

 

„Es sieht manchmal so aus. Selbst eine Alice Schwarzer wurde inzwischen ja schon mal in die rechte Ecke gerückt. Das ist doch ein Witz! Generell gilt: Unrecht ist unrecht. Ganz egal, von wem es ausgeübt wird und das muss dann auch benannt werden. Es ist zynisch und auch gefährlich, wenn Dinge ganz bewusst verschwiegen werden.“

 

Weil das Verschweigen nur Unruhe schürt?

 

„Genau! Denn das liegt doch in der menschlichen Psyche. Wenn sie zum Beispiel in der Familie über viele Jahre versuchen, den ganzen Dreck unter den Teppich zu kehren, dann eskaliert es irgendwann um so heftiger. Die Wahrheit sucht sich immer ihren Weg. Verdrängen und Vertuschen geht früher oder später immer nach hinten los. Da ist es auch die Aufgabe der Politik, genau hinzuschauen die Dinge zu benennen, zu vermitteln und ehrliche Lösungen zu finden.“

 

Was hast du bei deiner Vorbereitung für die Rolle gelernt?

 

„Dass man solche Zustände und Umstände immer als Spiegelbild der Gesellschaft betrachten muss. Bei so bedrückenden Themen wie Kinderhandel, Kinderprostitution oder eben der Clan-Kriminalität spielt immer die Spur des Geldes eine große Rolle.“

 

Was genau meinst du?

 

„Sobald es die Möglichkeit gibt, auf legale oder illegale Weise viel Geld zu machen, gibt es diese extremen Erscheinungen. Wenn man zum Überleben solche Strukturen aufbaut, egal wo man auch ist auf der Welt, dann ist das eine scheinbar bewährte Methode. Und solange ein Konzept vermeintlich erfolgreich ist, gibt es auch keinen Grund, es zu ändern. Es sei denn, die Gesellschaft macht klar, dass sie mit bestimmten Dingen nicht einverstanden ist, ganz egal, wieviel Geld im Spiel ist.“

 

Läuft das auf die Frage hinaus, ob die Abschreckung fehlt?

 

„Mir fehlt als Laie leider der Überblick, wie gut oder schlecht die Rechtsprechung in Deutschland tatsächlich funktioniert. Ich hatte während der Arbeit allerdings manchmal Zweifel, ob Richter, Staatsanwälte und Polizisten sich politisch wirklich immer aufgefangen fühlen können.“

 

Warum?

 

„Ich hatte den Eindruck, dass Menschen in diesen Berufen einen sehr hohen persönlichen Preis zahlen und dass ihnen mehr der Rücken gestärkt werden sollte, als sie ständig anzugreifen.“

 

Mit wem würdest du dich gerne mal auf eine Coke treffen?

 

„Sicher nicht mit einer Person, die im Rampenlicht steht. Da finde ich Leute, die im Verborgenen wirken, nämlich viel spannender. Menschen, die im Stillen viel bewirken.“

 

„Gegen die Angst“ läuft am 25.März im ZDF und ab sofort in der ZDF Mediathek.