Auf ‘ne Coke mit… Milan Peschel | Coca-Cola DE

Auf ‘ne Coke mit… Milan Peschel | Coca-Cola DE

KAUM HAT ER auf dem Sofa in der Suite des Berliner „Regent“-Hotels Platz genommen, springt Milan Peschel auch schon wieder auf und geht zu der kleinen Leuchte, die auf einem Sideboard in der Ecke steht. Das Licht brennt – obwohl draußen ein strahlend heller Spätsommertag ist… Der Schauspieler knipst es aus: „Ich möchte, dass später auch noch meine Kinder in einer halbwegs intakten Welt leben können. Und Energie sparen fängt doch schon im Kleinen an!“ Ein Mann mit Prinzipien!

 

 

SPÄTESTENS SEIT SEINER Rolle als krebskranker Familienvater in Andreas Dresens „Halt auf halber Strecke“ im Jahr 2011 zählt der 50-Jährige zu den renommiertesten Charakterdarstellern Deutschlands – im Kino, TV und auf der Theaterbühne. Als langjähriges Ensemble-Mitglied der Berliner Volksbühne wirkte er bis Ende 2017 in diversen Inszenierungen mit. Und an der Seite seines Freundes Matthias Schweighöfer lockte er auch ein Millionenpublikum ins Kino („Schlussmacher“, „Vaterfreuden“). In seiner neuen Komödie „Klassentreffen 1.0“ spielt der zweifache Vater neben Til Schweiger (der auch Regie führte) und Samuel Finzi einen Mann Ende Vierzig, der mit seinem Leben hadert und prompt in eine ausführliche Midlife-Crisis schlittert.

 

Ein Gespräch über die süße Melancholie der Lebensmitte.

 

Coca-Cola Classic, Coca-Cola light oder Coke Zero Sugar?

 

„Für mich bitte ein stilles Wasser.“

 

In „Klassentreffen 1.0“ geht’s um Probleme, die das Älterwerden mit sich bringen kann. Du selbst hast in diesem Jahr deinen 50. Geburtstag gefeiert. Wie gehst du mit der Zahl um?

 

„Sie löst in mir ambivalente Gefühle aus. Zum einen bin ich dankbar, dass ich bislang so ein erfülltes Leben hatte. Zum anderen denke ich manchmal aber auch: Wahnsinn, wie schnell die Zeit verflogen ist! Dann stelle ich mir Fragen: Wie viele Jahre liegen noch vor mir? Wie möchte ich die verbringen? Auf jeden Fall habe ich wahnsinnig viel Glück gehabt – und habe es immer noch. Vor allem dann, wenn ich mal einen Schritt zurücktrete und nicht nur mein kleines Leben betrachte, sondern auch das von anderen Menschen. Dann sehe ich, wie vielen es nicht so gut geht oder wer in meinem Alter schon gar nicht mehr auf der Welt ist.“

 

Versuchst du, mit den Jahren bewusster und intensiver zu leben?

 

„Ich will es mal so sagen: Ich versuche so oft es geht, glücklich zu sein und Menschen, die mir etwas bedeuten, glücklich zu machen. Das ist eigentlich ganz einfach, manchmal aber auch ganz schön schwer.“

 

Wann bist du glücklich?

 

„Wenn ich das Gefühl habe, meine Zeit gut und sinnvoll zu nutzen. Für mich – aber auch für andere Menschen. Früher verschwendete man mehr Zeit, hat als junger Mensch länger gefeiert oder nach einer Vorstellung noch viel zu lange in der Kantine gesessen. Das ist heute anders. Ich gehe jetzt sorgsamer mit meiner Zeit um. Meistens jedenfalls…“

 

 

Als junger Mensch feiert man nicht nur gerne – man fühlt sich auch unverwundbar.

 

„Und heute weiß ich, dass ich mehr auf mich und meinen Körper achten muss. Das Doofe ist nur, dass ich auf Sport meistens keine Lust habe. Die meisten Sportarten, vor allem das Trainieren im Fitnesscenter, finde ich total langweilig. Da denke ich lieber ab und zu an Sport, das trainiert auch. (lacht) Ich finde der Satz könnte von Woody Allen sein. Aber im Ernst: Manchmal muss ich mich tatsächlich zu ein paar Übungen überwinden.“

 

In welchen Momenten?

 

„Wenn ich zum Beispiel wieder mal eine Blockade im Rücken hatte und mir der Arzt sagt, dass ich meine Bauch- und Rückenmuskulatur stärken muss. Ab und zu raffe ich mich aber auch mal auf und spiele mit Freunden Federball, Tennis oder Tischtennis. Und weißt du was: Das macht mir dann sogar Spaß!“

 

 

Hattest du schon mal eine Midlife-Crisis?

 

„Ich bin wirklich sehr glücklich, dass ich bis hierhin gekommen bin und dass mein Leben so gut verläuft. Warum sollte ich dann alles hinterfragen oder Torschlusspanik bekommen? Aber vielleicht hatte ich so eine Krise ja auch schon vor ein paar Jahren und es ist mir gar nicht aufgefallen.“

 

Es gibt Männer, die sich Lebensziele setzen, und die dann bei einer ersten Zwischenbilanz frustriert sind, wenn es für bestimmte Träume nicht gereicht hat.

 

„Zu dieser Sorte Mann zähle ich garantiert nicht. Tief in meinem Inneren bin ich ein Junge geblieben und das will ich mir auch noch lange erhalten. Ich möchte keine Bilanzen ziehen. Ich bin doch kein Buchhalter. Ich möchte spielen, inszenieren, meiner Kunst nachgehen.“

 

Ist die Midlife-Crisis nur ein westliches Luxusproblem?

 

„Wir haben das Glück, dass wir uns diese Fragen überhaupt stellen können. In anderen Regionen der Welt müssen die Menschen darum kämpfen, wie sie bis zum Ende der Woche über die Runden kommen. Oder es geht sogar ums nackte Überleben. Das ändert aber trotzdem nichts an der Tatsache, dass dieses Problem zu unserer Lebensrealität gehört. Deshalb muss man es ernst nehmen und darüber reden, gleichzeitig aber auch immer wieder in die richtige Relation setzen.“

 

Bist du ein Mensch, der immer eine Grundzufriedenheit hat?

 

„Natürlich gibt es auch in meinem Leben mal Tage, an denen ich genervt und mit mir und meiner Welt nicht zufrieden bin. Aber auch das ist purer Luxus: dass ich im Theater sitze und mich darüber ärgere, wenn die Technik nicht funktioniert oder einer der Schauspieler das jetzt nicht genau so macht, wie ich es mir vorstelle. Es ist aber nicht so, dass ich grundsätzlich mit meinem Leben hadere. Ich hadere mit anderen Dingen.“

 

Die wären?

 

„Die jüngsten Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident Maaßen und Innenminister Seehofer zu den Neonazi-Aufmärschen in Chemnitz machen mich zugleich traurig und aggressiv. Das finde ich dermaßen ekelhaft, zynisch und berechnend. Mir ist da zu viel Wahltaktik im Spiel. Aber eigentlich darf ich mich nicht zu laut beschweren, denn ich gehe ja zur Wahl und beteilige mich somit an diesem Politikprinzip.

 

 

Ich finde aber, dass es Zeit für Reformen ist und dass eine Regierung länger Zeit für die Umsetzung von Zielen haben müsste. Wenn eine Regierung für acht Jahre gewählt ist, dann könnte die in diesem längeren Zeitraum viel mehr bewegen. So sind die Parteien ja oft bereits nach zwei Jahren schon wieder im Wahlkampf-Modus und wollen es allen recht machen. Mein Sohn hat zu dem Thema eine ganz eigene radikale These: Bürger über 50 dürften gar nicht mehr zur Wahl gehen. Denn die denken nur noch daran, Dinge zu erhalten und Besitzstände zu wahren. Die wollen gar nichts mehr groß verändern und interessieren sich auch nicht so sehr dafür, wie unsere Welt in 30, 40 Jahren aussieht. Da hat er eigentlich recht.“

 

Hast du noch Träume? Möchtest du noch in bestimmte Länder reisen?

 

„Das Thema Ökologie ist mir viel zu wichtig geworden, als dass ich noch mit dem Flugzeug nach Neuseeland oder Hawaii jetten müsste. Dabei wird soviel Kerosin verbrannt und die Umwelt belastet. Es ist in meinen Augen einfach Wahnsinn, wieviel heute geflogen wird – und sei es nur für ein Wochenende in Barcelona.

 

 

Aber wenn du mich nach Träumen fragst: Ich würde es super finden, wenn ich meine Zeitplanung so hinbekomme, dass ich auch noch andere Dinge machen könnten, die mir am Herzen liegen. Dinge, die nicht mit meinem Beruf zusammenhängen.“

 

Zum Beispiel?

 

„Ich habe früher sehr viel gemalt und auch Ausstellungen gemacht. Das würde ich sehr gerne reaktivieren. Und ich hätte gerne eine kleine Tischlerwerkstatt bei mir auf dem Land. Aber es bringt ja nichts, nur darüber zu reden. Ich müsste es einfach nur machen und dafür andere Dinge loslassen. Aber ich habe mich nun mal entschieden, zu spielen und zu inszenieren. Und das ist wohl das, was ich von allen Dingen am liebsten tue.“

 

Auf welche Aspekte des Älterwerdens könnest du gut verzichten?

 

„Ganz klar auf die Abnutzungserscheinungen meines Körpers. Ein deutlich älterer Freund und Kollege, der leider viel zu früh gestorben ist, hat mir vor fast dreißig Jahren mal gesagt: Wenn du über 50 bist, morgens aufstehst und dir tut nichts weh, bist du tot! Er hat recht behalten, zum Glück aber nur manchmal. (lacht) Trotzdem: Älter werden ist wirklich nichts für Feiglinge. Aber es nützt ja nichts. So ist die Natur eben eingerichtet. Unsere Körper sind nun mal keine Maschinen, für die man immer wieder ein Ersatzteil findet. Unser Leben ist begrenzt und dafür gibt es auch gute Gründe.“

 

In welches deiner Lebensjahrzehnte würdest du gerne noch mal zurückreisen?

 

„Auf jeden Fall in die Achtzigerjahre. Denn das war die Zeit, in der ich vom Kind zum Mann wurde – und diese extrem aufregende Lebensphase würde ich gerne noch mal durchleben. In gewisser Weise durchlebe ich diese Zeitreise schon: Ich war vor einiger Zeit auf einem Blondie-Konzert. Und hinterher hat ein DJ die ganzen guten Sachen der achtziger Jahre aufgelegt…“

 

Was sind für dich die guten Sachen?

 

„Depeche Mode, Talk Talk, The Cure – diese Party war einfach toll. Ich bin da so abgegangen und habe mit meiner Frau stundenlang getanzt. Ich war richtig enthemmt! Meistens tue ich mich eher schwer, mich ganz der Musik hinzugeben. An dem Abend war mir das aber total egal, was sicher auch an den Songs lag. Seitdem habe ich mich wieder mehr mit der Musik aus dieser Zeit beschäftigt.“

 

Was löst das in dir aus?

 

„Das Gefühl von süßer Melancholie. Erinnerung an eine wunderbar tolle und intensive Zeit meines Lebens. Das finde ich an „Klassentreffen 1.0“ übrigens auch so toll, dass Til vier Songs aus den Achtzigern eingebaut hat. Sowas wie „Words“ von F.R. David ist zwar heute extrem cheesy. Aber das ist einer der ersten Songs, den ich Anfang der Achtzigerjahre aufgenommen haben. Da stand ich noch total auf so ein Zeug. Ich habe mit dem Kassettenrekorder vor dem Radio gesessen und wenn der Moderator am Ende wieder mal zu früh reinquatschte, war ich tierisch genervt.“

 

Mit wem würdest du dich gern mal auf eine Coke treffen?

 

„Mit meinem Vater.“

 

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