Hören oder lesen? Hier hörst du die Kolumne von Rob Vegas als Podcast:
„Man wird zu seinem eigenen Mitarbeiter, weil man sich und seine Liebsten permanent in Szene setzt.“
Fängt man allerdings im ganzen Urlaub nur Momente ein und verpasst ihnen schicke Hashtags, niedliche Pandabären und Emojis, so erlebt man diese Zeit oft gar nicht mehr selbst. Man ist stets bemüht, die Sehenswürdigkeiten mit den passenden Filtern aus zwei Dutzend Foto-Apps zu pimpen. Dann geht es auch schon weiter zum nächsten Motiv für eine neue Story.
In der Zwischenzeit Mutti ein schönes Foto in die Familiengruppe senden. Der Chef soll ebenfalls sehen, dass man mit der Familie echte Quality-Time verbringt. Welchen Urlaub kann ich mir wo leisten? Hier kann man echte Statements setzen.
Twitter: @robvegas
http://www.robvegas.de
Das kann Spaß machen, doch es raubt auch Zeit. Lichte ich ein berühmtes Bauwerk aus allen Perspektiven ab, fehlt mir die Zeit, es auf mich wirken lassen, denn ich bin ja als Kameramann vor Ort. Natürlich kann man hier noch eine Balance finden, doch gerade in der Urlaubszeit bemerkt man in den Metropolen und Urlaubsorten das Gegenteil: Heerscharen wandern durch die Straßen, bleiben überall stehen, knipsen ein Foto mit dem Smartphone und laufen dann drei Meter weiter. Sie wissen dabei oft nicht einmal, was sie da gerade fotografiert haben. Es sieht halt schön aus und mit zwei Filtern gibt es sicher Likes.
Schon so sind wir in der Freizeit oft geistig nicht ganz anwesend. Ich muss noch X schreiben, mich bei Y melden und die Präsentation für XY per Mail versenden. Nun knipsen, filmen und posten wir uns auch noch durch den Urlaub. Alles muss festgehalten werden. Das Kind mit Eis, der Mietwagen am Meer, mitunter selbst die Rechnung im Restaurant. Das ist kein Urlaub mehr! Mich erinnert es an Live-Konzerte von Bands. Dort sieht man dann 5.000 Smartphones über den Köpfen, doch mit den eigenen Augen ist nur noch eine Minderheit vor der Bühne dabei. „Was bleibt von der Zeit, wenn man im Urlaub eine Hollywood-Produktion für Social-Media startet?“
Diese permanente Ablenkung sorgt nicht selten für Streit zwischen Paaren im Urlaub. Es gilt, sich wirklich auf die Reise und neue Orte einzulassen. Natürlich steht man immer ein wenig im Kontakt mit Kollegen, Familie und Freunden, doch in der Theorie würde sogar schon ein Foto pro Tag ausreichen, um seine virtuelle Filterblase mit einer Information zu versorgen.
Ich gebe zu: Ich bin da selbst ein schlimmer Kandidat, weil ich schon mit dem Smartphone verwachsen bin. Meine Frau wird mir diese Kolumne im Urlaub wahrscheinlich dutzende Male als Link per WhatsApp senden und schmunzeln. Die Einsicht ist aber vorhanden.
Ein Ferienort sollte keine Kulisse sein. Man sollte dort abschalten, sich auf Familie und Freunde konzentrieren. Insofern ist ein Urlaub auch immer eine kleine Entziehungskur vom Smartphone. Das ist hart, aber meist hat man schon nach wenigen Tagen mehr Lust auf das echte Leben und checkt nicht mehr alle zwei Minuten bei Facebook.
Social-Media-Kanäle speichern nur auf Servern ab. In der wahren Welt hingegen erinnert sich der Kopf hinterher vielleicht doch intensiver an die schöne Zeit.